Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Andreas Höntsch

Regisseur

* 1957 in Berlin

Biografie

Andreas Höntsch gehört zur letzten Generation von DEFA-Regisseuren, die bei der Produktion ihres Debütfilms von den Veranwortlichen der Studioleitung immer wieder vertröstet worden sind. Mehrere Jahre investiert er seine Kreativität in ein musikalisches Filmprojekt, welches nicht realisiert wird. Erst mit dem Zusammenbruch der DDR erhält der Regisseur die Chance, seinen ersten Film DER STRASS (1990) zu drehen - ein interessantes filmisches Zeugnis der Umbruchzeit.

Andreas Höntsch ist 1957 in Berlin geboren und in Dresden aufgewachsen. Von 1978 bis 1980 arbeitet Andreas Höntsch als Volontär und Regie-Assistent im DEFA-Studio für Spielfilme. Er erhält eine Delegierung an die Hochschule für Film- und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg und wird nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung angenommen. Von 1980 bis 1984 studiert er im Fachbereich Film- und Fernsehregie. Sein besonderes Interesse gilt dem Musikfilm im weitesten Sinne. In der Filmübung ANDANTE CON MOTO (1981) unterlegt er ein Liebesspiel zweier Menschen mit der Musik von Franz Schubert. KONTRAPUNKT (1982) wird ein musikalisches Arbeiterporträt über den Werkzeugmacher Karsten Huth, der in seiner Freizeit Kontrabass spielt. Der Dokumentarfilm ALLE JAHRE WIEDER (1983) beginnt pompös mit Musik von Richard Wagner und blickt etwas anders auf das Stahlwerk Brandenburg, als von den Lehrkräften erwartet. Der Kurzfilm ist komisch und selbstironisch inszeniert, thematisiert das Befremden der Filmemacher gegenüber einer gestellten Studienaufgabe. Über das Werk gibt es zahlreiche Diskussionen, erst nach einem Jahr Verzögerung wird er offiziell anerkannt. Der Kurzspielfilm DON JUANS HEIMKEHR (1984) nach dem Stück von Barbara Honigmann wird sein Abschlussfilm.

Mit dem Diplom in der Tasche geht Andreas Höntsch zum DEFA-Studio für Spielfilme zurück. Hier ist er zunächst als Regie-Assistent bei dem TV-Film ERNST THÄLMANN (1984) unter der Regie von Ursula Bonhoff und Georg Schiemann beteiligt. Aber seine Interessen liegen wo anders. Er beginnt an seinem Debütfilm HANS UND MARIE zu arbeiten, einem modernen Märchen für Jugendliche nach dem Märchenmusical von Andreas Knaup. Das Projekt, in den Entwürfen einfallsreich und grotesk sowie stilistisch respektlos, wird nicht realisiert. Mehrere Jahre bemüht sich der Regisseur um eine Annahme des Stoffes, den Verantwortlichen der DEFA-Studioleitung gelingt es durch immer neue Argumente mit Erfolg, diese zu verhindern.

Im Januar 1986 läßt sich Andreas Höntsch von der DEFA beurlauben und wechselt nach Dresden, wo er an der Semperoper Dresden bei der Inszenierung von „Don Giovanni“ nach Wolfgang Amadeus Mozart drei Monate hospitiert. Danach bleibt er für einige Monate an der Oper und arbeitet er als Assistent bei der Regisseurin Christina Mielitz. Nach seiner Rückkehr ins DEFA-Studio wird ihm eine weitere Regie-Assistenz ans Herz gelegt, damit er danach seinen Debüt-Film realisieren kann. Diese absolviert er bei Regisseur Klaus Gendries bei dem Fernseh-Musikfilm FREISCHÜTZ IN BERLIN (1987), der einige Jahre aus dem Leben Carl Maria von Webers schildert. Nach dieser Arbeit rückt der Debütfilm aber wieder in weite Ferne, mehrere Projekte können nicht realisiert werden.

Erst im Zuge des „Frühlings“ im September 1989 bei der DEFA kann Andreas Höntsch seinen ersten Film in Angriff nehmen. Nach der Verabschiedung des Generaldirektors Hans-Dieter Mäde gibt die neue Studioleitung unter Prof. Dr. Rudolf Jürschik und Produktionsdirektor Gert Golde künstlerischen Arbeiten mehr Spielraum. Im März 1990 geht sein Film DER STRASS (1990) in Produktion - der erste DEFA-Film nach dem Zusammenbruch der DDR. Erzählt wird von einem 30-jährigen Fotoreporter in Ost-Berlin, der eine Fotodokumentation über eine Kautschuk-Akrobatin herstellt. Zunehmend entgleitet ihm seine Leben und seine Arbeit. Thema des Films sind die zerplatzten privaten und beruflichen Träume in der DDR, die Wende kommt für den Protagonisten überraschend. Das Filmteam findet eindrucksvolle Bilder für das Lebensgefühl einer ganzen Generation: Wut über verlorene Möglichkeiten, leere Versprechungen und gleichgeschaltetes Leben. Mit der Abwicklung der DEFA kurz nach der Premiere des Films ist auch sein Arbeitsverhältnis beendet.

Seit 1993 lebt Andreas Höntsch als Regisseur, Autor und Fotograf in Mecklenburg. Mitte der 1990er-Jahre kann er einen weiteren Film realisieren. DIE VERGEBUNG (1995) stellt Fragen nach Opfern und Tätern in der ehemaligen DDR, zwei Jahre nach der Wende. Während einer Familienfeier kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen einem Ehepaar und einem nahen Verwandten, der es als ehemaliger Stasi-Offizier in der neuen deutschen Republik bereits wieder geschafft hat. Der Film kann als Aufbearbeitung jüngster deutscher Geschichte die Kritiker nicht überzeugen, er gilt als zu pathetisch und symbolisch überfrachtet inszeniert.

In Mecklenburg-Vorpommern ist Andreas Höntsch seit 1991 mit der Herstellung diverser Foto- und Videodokumentationen über Kunst und Kultur im Landkreis Wismar beschäftigt. Von 1995 bis heute arbeitet er als Ausbildungsleiter für Mediengestalter, er gibt Seminare über Filmmontage und Bildgestaltung im Film, unter anderem bei der XenosMedia MV - einem Netzwerk für Filmprojekt des nördlichen Bundeslandes. Es entstehen auch eigene Filmarbeiten. Der Dokumentarfilm BAUMNARREN (2001) porträtiert Menschen aus ganz Deutschland, die sich auf besondere Weise mit Bäumen und Alleen auseinandersetzen, sich für den Erhalt engagieren und miteinander über die richtigen Wege dorthin streiten. In der Dokumentation TRAUMFÄNGER – EIN SELBSTÄNDIGER INDIANER IN MECKLENBURG (2005) porträtiert das Filmteam Wolfgang Kring, der seit seiner Kindheit fasziniert ist vom Leben der Indianer und nach der Wende seinen Traum, wie ein Indianer zu leben, wahr macht. Er reist mit einer Apache-Live-Show durch Deutschland.

Andreas Höntsch lebt mit seiner Familie in Neu Nantrow, Mecklenburg/Vorpommern. Er ist mit der Drehbuchautorin und Szenaristin Carmen Blazejewski verheiratet, die in den meisten Fällen die Drehbücher für seine Filme schreibt.

Zusammengestellt von Ines Walk (Stand: Mai 2006)

Auszeichnungen

  • 1990: DER STRASS - Max Ophüls-Preis: Publikumspreis

Literatur

  • Andreas Höntsch: Opernfilm - Filmoper: Die Verbindung von Musik und Film zu einer neuen Gattung, Diplomarbeit Fachbereich Regie, Standort Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg 1984.
  • Christel Gräf: Nachwuchs - Nachlese, in: Film und Fernsehen 06/1994.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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